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Interview mit einer Bestattungsfachkraft (ehemals Bestattungsfachangestellter)

Blumengesteck auf Sarg
Was macht eine Bestattungsfachkraft? – Foto: unsplash.com

Dieser außergewöhnliche Beruf ist 2003 zum Ausbildungsberuf geworden. Jetzt stellst du dir bestimmt die Fragen, was Bestattungsfachkräfte machen?

Bestattungsfachkräfte organisieren Beisetzungen, Bestattungen und Trauerfeiern. Sie kümmern sich um alle anfallenden Formalitäten, beraten und betreuen Angehörige und sorgen für einen würdevollen Abschied von Verstorbenen. Bestattungsfachangestellte arbeiten hauptsächlich in Bestattungsinstituten oder Überführungsunternehmen, aber auch auf Friedhöfen und in Krematorien. Darüber hinaus können sie in der öffentlichen Verwaltung tätig sein, z.B. in Friedhofsverwaltungen.

Du bist jetzt eingeschüchtert? Dafür gibt es keinen Grund, auch wenn Menschen üblicherweise alles, was mit dem „Tod“ zu tun hat, so weit wie möglich von sich selbst fernhält. Der Beruf ist alles andere als langweilig und beinhaltet eine Mischung aus sozial-psychologisch-beratenden, kaufmännisch-organisatorischen-, verwaltend-organisatorischen-, sowie praktisch-kreative Tätigkeiten.

Die Rahmenbedingungen:

  • Ausbildungsdauer: 3 Jahre
  • Benötigter Schulabschluss: ab mittlerer Reife
  • Berufsschulen: Blockunterricht (2-3 Wochen)
  • Lehrgänge: In 3 überbetrieblichen Lehrgängen wird dir Grabtechnik, Warenkunde, Dekoration, Beratungsgespräch und Trauerpsychologie gelehrt
  • Ausbildungsorte: Bestattungsinstitute und in Friedhofsverwaltungen
  • Inhalte des praktischen Teils: Bergung, Überführung, Versorgung, Einkleidung und Einbettung von Verstorbenen.
  • Inhalte des kaufmännischen Teils: Beratungsgespräch mit den Angehörigen, die Organisation, Planung und Kontrolle der Bestattung, die Kalkulation und Rechnungslegung, aber auch die Beurkundung eines Sterbefalls beim Standesamt sowie alle nach einem Sterbefall abzuwickelnden Formalitäten (z.B. Abmeldung eines Verstorbenen bei den Krankenkassen und den Rentenversicherungen)

Noch nicht überzeugt? Wir haben für euch einen ehemaligen Azubi (Simon Solde aus Frechen) interviewt, der die spannende, wenn zugleich emotionale Ausbildung zur Bestattungsfachkraft im TrauerHaus Münschenborn OHG (Köln) absolviert hat.

Das Interview

azubister: Simon, die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft gibt es nun knapp 10 Jahre. Im Juli 2013 hast du diese Ausbildung erfolgreich absolviert. Wie bist du nach deinem Abitur darauf gekommen, Bestattungsfachkraft zu werden?

Simon: Ehrlich gesagt, ist der Berufswunsch bei mir eher zufällig entstanden. Als in der Schule damals Praktika und Bewerbungen zum Thema wurden, sollten wir ein Referat über einen Beruf unserer Wahl halten. Ich weiß nicht genau warum, aber mir kam eben der Bestatter-Beruf in den Sinn. Ich habe mich in der Folge dann über das Thema informiert und recht schnell gemerkt, wie vielseitig und abwechslungsreich der Beruf ist. Außerdem hat man als Bestatter die Möglichkeit, Menschen in einer sehr schwierigen Situation ihres Lebens zu helfen. Daraufhin habe ich dann mit 16 Jahren ein freiwilliges Praktikum in den Schulferien gemacht und mich seitdem immer wieder mit dem Thema befasst. Darum wollte ich dann auch schauen, ob der Beruf wirklich das Richtige für mich ist und habe 2010 die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft begonnen.

azubister:  Wie reagierten Freunde und Familie auf deine Entscheidung?

Simon: Anfangs haben die Menschen in meinem Umfeld sehr unterschiedlich reagiert. Manche waren erstaunt, andere eher erschrocken. Alle waren aber vor allen Dingen sehr interessiert an dem Thema und haben mich in meinem Tun unterstützt.

azubister:  Wie hast du vor deiner Ausbildung zum Thema Tod gestanden und wie ist es heute?

Simon: Ich habe den Tod schon als Kind als notwendigen Bestandteil unseres Lebens betrachtet. Ich erinnere mich daran, den Hausarzt meiner damals im Sterben liegenden Oma gesagt zu haben, dass auf der Erde gar nicht genügend Platz wäre, wenn alle Menschen ewig leben würden. Ich glaube, der Tod gehört als Zustand nun mal zum Kreislauf des Lebens dazu und kann dem Leben hoffentlich im Endeffekt auch einen Sinn geben. Seit der Ausbildung hat sich diese Ansicht eigentlich wenig verändert. Ich habe durch den alltäglichen Umgang mit Tod und Sterben allerdings erfahren müssen, dass der Tod eben nie absehbar ist und somit auch jederzeit eintreten kann. Aus diesem Grund versuche ich, das Leben so oft wie möglich bewusst zu leben, sprich die guten Zeiten zu genießen und am besten jeden einzelnen Tag zu nutzen und ihn nicht einfach so verstreichen zu lassen.

azubister: Hast du dir in der Zeit während oder nach deiner Ausbildung mehr Gedanken um deine eigene Bestattung gemacht?

Simon: Ja, ich habe mir sehr oft schon Gedanken über meine eigene Bestattung gemacht. Wenn man fast jeden Tag Beerdigungen oder Trauerfeiern erlebt, merkt man schnell, welche Art oder Form der Abschiednahme einem selbst am meisten zusagt. Warum sollte man also nicht schon mal darüber nachdenken, wie die eigene Beerdigung aussehen könnte!? Ich selbst möchte gerne erdbestattet werden. Also im Sarg, nicht in einer Urne. Zu Urnen habe ich generell weniger Bezug. Sie sind zu abstrakt und machen mir das Abschiednehmen deutlich schwerer. Bei einem Sarg kann ich mir die verstorbene Person besser vorstellen und mich so besser an sie erinnern.

azubister: Wie kann man den Umgang mit den Verstorbenen lernen?

Simon: Wie bei vielen Dingen kann man sich auch an den Umgang mit Verstorbenen von Zeit zu Zeit „gewöhnen“. Wichtig ist es, langsam in die Praxis einzusteigen. Zunächst vielleicht erstmal nur daneben stehen, wenn ein Verstorbener überführt, hygienisch versorgt oder in den Sarg gelegt wird. Später dann auch einzelne Handgriffe selber versuchen, um so die ersten Berührungsängste zu verlieren.

azubister: Ist der Umgang mit Hinterbliebenen und deren Schicksalen nicht belastend für dich gewesen und hast du nach einem Arbeitstag viele Gedanken mit nach Hause genommen?

Simon: Am Anfang sind es natürlich sehr viele neue Eindrücke und auch Schicksalsschläge, die man erfährt. Da ist es ganz natürlich, dass man auch nach der Arbeit noch darüber nachdenkt. Mir hat es dann geholfen, die erlebten Dinge mit vertrauensvollen Personen aus meinem direkten Umfeld zu besprechen, um selbst einen persönlichen Abstand dazu zu gewinnen. Ich denke der Ansatz: „Mit den Angehörigen zu fühlen, aber nicht mit ihnen zu leiden.“ ist der Richtige, um eine gewisse Professionalität  darin zu erlangen.

azubister: Hast du während der Ausbildungszeit manchmal den Eindruck gehabt, dass Angehörige wegen deines jungen Alters Vorbehalte hatten oder zurückhaltend reagieren?

Simon: Ja, gerade in den Beratungsgesprächen, also im direkten Gespräch mit den Angehörigen, hatte ich hin und wieder dieses Gefühl. Oft wurde ich auch gefragt, warum ich mich als junger Mensch für diesen Beruf entschieden habe und wie ich denn dazu gekommen sei.

azubister: Was musstest/durftest du während deiner Ausbildungszeit an Aufgaben übernehmen? Beschreibe doch bitte kurz einen ganz normalen Arbeitstag!

Simon: Ich hatte das Glück im TrauerHaus Müschenborn so ziemlich alle Aufgaben eines Bestattungsfachangestellten machen zu dürfen, solange ich sie mir auch wirklich zugetraut habe. Ein gewöhnlicher Tag konnte mit einem Beratungsgespräch oder einer Überführung eines Verstorbenen beginnen. Bis zur Mittagszeit erreicht man dann im Normalfall alle Behörden, Ämter und Kirchen zwecks Besorgung von Dokumenten und Terminabsprachen. Am frühen Nachmittag wurde dann vielleicht eine Trauerfeier durchgeführt und später am Tag wurden oftmals Trauerkarten und Zeitungsanzeigen entworfen.

Das Schöne, aber auch anstrengende am Beruf des Bestatters ist für mich die Tatsache, dass man am Morgen nicht immer weiß, was der Tag so mit sich bringt.

azubister: Welche Tätigkeit(en) gefiel(en) dir am besten?

Simon: Ich mochte immer den direkten Kontakt mit den Angehörigen bei den Beratungsgesprächen, aber auch die Organisation und Durchführung einer Trauerfeier oder Beisetzung. Wenn man die Wünsche und Vorstellungen der Angehörigen richtig erkennt und umsetzt, ist es ein sehr dankbarer Beruf.

azubister: Was wurde dir in der Berufsschule vermittelt?

Simon: In der Berufsschule wurden bestattungsspezifische Fächer theoretisch vermittelt. Zum Beispiel Organisation von Friedhöfen, Warenkunde, Organisation und Durchführung einer Bestattung, Hygiene und Versorgung eines Verstorbenen, Umgang mit Hinterbliebenen sowie rechtliche Grundkenntnisse über das Bestattungsgesetz. Außerdem wurden herkömmliche Fächer unterrichtet wie Rechnungswesen, Datenverarbeitung und Marketing, aber auch Religion, Englisch, Deutsch, Politik und Sport.

azubister: Stimmt das Vorurteil vieler Menschen, da der Tod bis heute ein nicht gern besprochenes Thema ist, dass ggf. auch unter Kollegen überwiegend eine traurige Stimmung während der Arbeit herrscht? Wie war das Arbeitsverhältnis?

Simon: Nein, das stimmt überhaupt nicht. Zumindest habe ich persönlich die Erfahrung nicht gemacht. Es gibt immer wieder Sterbefälle, die dich persönlich berühren, es ist auch hier und da mal stressig im Berufsalltag. Alles in allem sind wir aber immer sehr humorvoll, kollegial und ehrlich miteinander umgegangen. Ich kann definitiv behaupten, dass der Beruf auch viel Spaß machen kann.

azubister: Wie sind deine Zukunftspläne? Möchtest du irgendwann als Bestatter tätig sein oder als Bestattungsfachkraft im beratenden und verwaltenden Bereich tätig sein?

Simon: Ja, das möchte ich sehr gerne. Bis jetzt habe ich noch keinen anderen Beruf gefunden, der mich zugleich so fordert und so erfüllt wie der Beruf des Bestatters.

azubister: Was war für dich die ungewöhnlichste Bestattung oder Trauerfeier, die du bislang ausgerichtet hast?

Simon: Eine Bestattung, die ich wohl nie vergessen werde, habe ich schon recht früh in meiner Ausbildung ausgerichtet. Der Verstorbene war zu Lebzeiten Wirt. Deshalb haben die Angehörigen sich einen Schankwagen vor dem Friedhof gewünscht, der die zahlreichen Trauergäste (ca. 500 Personen) nach der Trauerfeier mit Getränken und Brezeln versorgt hat. Es war einfach eine sehr lockere, aber würdevolle Trauerfeier, auf der auch einige Freunde des Verstorbenen sehr liebevoll und persönlich über ihn und sein Leben berichtet haben.

azubister: Welche Soft Skills sollte ein Azubi für diese Ausbildung mitbringen?

Simon: Als angehende Bestattungsfachkraft sollte man meiner Meinung nach sehr viel Einfühlungsvermögen mitbringen. Außerdem sollte man ein guter Zuhörer sein, aber auch nicht davor zurückschrecken, ein Gespräch zu leiten. Wichtig ist es ebenfalls, sich und seine Aufgaben organisieren zu können. Teamfähigkeit und die Fähigkeit, kreativ und lösungsorientiert auf organisatorische Schwierigkeiten oder zwischenmenschliche Konflikte einzugehen, sind ebenfalls gern gesehen.

azubister: Was würdest du interessierten Auszubildenden auf den Weg mit geben? Kannst du diese Ausbildung empfehlen?

Simon: Interessierten Azubis möchte ich dringend mit auf den Weg geben, in der Ausbildung schon in alle Teilbereiche des komplexen Berufes hineinzuschauen, um hinterher kompetent und vielseitig im Berufsleben und auf dem Arbeitsmarkt aufzutreten.

Ich selbst kann die Ausbildung all denen empfehlen, die Freude am Umgang mit Menschen haben und die Dankbarkeit schätzen, die man erfährt, wenn man jemandem in einer schwierigen Situation seines Lebens geholfen hat. Um zu erfahren, ob der Beruf zu dir passt, reicht meistens schon ein 2-3 wöchiges Praktikum beim Bestatter deines Vertrauens.